Wenn Naibi Giuliana Duttweiler am Hotel-Empfang steht, wirkt alles mühelos. Freundliches Lächeln, klare Ansagen, souveräne Ruhe – so, als wäre sie nie etwas anderes als Gastgeberin gewesen. Dabei ist die 22-jährige Kauffrau Hotel Gastro Tourismus EFZ aus Samedan erst seit Kurzem aus dem Schatten unzähliger Trainingsstunden getreten. Über 1000 Stunden Vorbereitung liegen hinter ihr, und doch wirkt ihr Auftritt selbstverständlich. Für ihren fünften Rang an den EuroSkills 2025 im dänischen Herning erhielt sie ein Medaillon for Excellence, eine Auszeich- nung, die in etwa einem Olympischen Diplom entspricht. «Manchmal habe ich mich gefragt, ob ich das durch- halte», erzählt Duttweiler, während ihre Augen von der Anstrengung und gleichzeitig von der Freude an ihrem Beruf leuchten. Rollenspiele, Sprachtrainings, Fachwissen vertiefen, Situationen simulieren. Jeder Tag war ein Balanceakt zwischen Ehrgeiz und Ausdauer. «Aber die Leidenschaft für meinen Beruf hat mich immer wieder motiviert», sagt sie.
Schweiz, die beste Nation
Schon 2022 bei den Swiss Skills in Bern zeigte sich ihr Talent. Platz 2 sicherte ihr die Aufnahme ins Nationalteam. Von da an gehörte sie zu den jungen Berufsleuten, die nicht nur für sich selbst, sondern als Aushängeschild für die Schweizer Berufsbildung antreten. Mit ihrer Teilnahme trug sie dazu bei, dass die Schweiz als beste Nation ausgezeichnet wurde. Elf Medaillen, darunter sechs goldene, gingen insgesamt an das Team. Duttweilers Rang 5 reihte sich würdig in diesen Erfolg ein. Der Wettkampf selbst war ein Marathon an Präzision und Nervenstärke. Drei Tage, unzählige Aufgaben. Vom Check-in einer internationalen Gästegruppe über Reklamationsmanagement bis zur Organisation komplexer Gästewünsche. «Es geht darum, Ruhe zu bewahren, freundlich und souverän zu wirken, selbst wenn im Hintergrund alles gleichzeitig passiert», beschreibt sie. Jeder Handgriff musste sitzen, jede Antwort sicher sein, jede Geste Vertrauen vermitteln.
Lehre in Ascona
Die Wurzeln dieser Professionalität liegen im Engadin. Aufgewachsen in Samedan, lernte sie früh die Besonderheiten einer touristisch geprägten Region kennen. Schon während der Lehre im Hotel «Eden Roc» in Ascona faszinierte sie die Vielfalt des Gastgewerbes, Sprachen, Organisation, Menschenkenntnis und Servicequalität. «Ich wusste früh, dass ich hier nicht nur arbeite, sondern dass dies meine Berufung ist», sagt Duttweiler.
Ihr Erfolg in Herning ist für die junge Engadinerin mehr als ein Diplom. Er ist ein Beweis, dass Leidenschaft, Disziplin und Freude Türen öffnen können. «Ich habe in den letzten Wochen unglaublich viel gelernt, über meinen Beruf und über mich selbst. Ich weiss jetzt, dass man mit Ausdauer sehr viel erreichen kann.» Nach Dänemark sieht sie ihre Zukunft darum weiterhin im Tourismus, vielleicht in der Hotelleitung oder mit einer Weiterbildung, sicher aber als Botschafterin für die Berufsbildung. «Die Berufsbildung eröffnet auch allen jungen Menschen in Graubünden so viele Chancen. Ich hoffe, dass mein Weg zeigt, wie weit man damit kommen kann.